Was braucht man eigentlich zum Fesseln? Hier eine kleine Orientierungshilfe.
1. Seile
Seil ist nicht gleich Seil. Es gibt verschiedenste Arten, die je für einen anderen Zweck gemacht sind.
1.1 Warum eigentlich Seil?
Jemanden in einem einvernehmlichen Spiel bewegungsunfähig zu machen ist mit vielen Materialien möglich (z.B. Latex, Ketten, Leder, Folie, Käfig). Es gibt aber ein paar Gründe, die klar für Seil als das Mittel der Wahl sprechen. Hier eine Auswahl:
- Vielseitigkeit und Flexibilität: kaum ein anderes Material kann so vielseitig verwendet werden, wie das Seil.
- Verstellbarkeit und Anpassung: Seile passen sich individuell an verschiedene körperliche und räumliche Gegebenheiten an.
- Schönheit und Ästhetik: Eine Fesselung muss nicht nur praktisch sein - sie kann auch gleichzeitig ästhetisch sein und dem kreativen Selbstausdruck dienen.
- Möglichkeit zur Hängung: In Seilen kann man - insofern man über eine geeignete Hängevorrichtung verfügt - im Gegensatz zu anderen Materialien auch hängen. Hängebondages sind für viele die ultimative Wehrlosigkeit und die Steigerung des Gefühls, gefesselt zu sein.
- Induktion von Trancezuständen: Wenn man etwas Übung im Fesseln hat, können sinnlich-körperliche Trancezustände durch das Fesseln und die Fesselung beim Model entstehen. Anders als bei z.B. Manschetten-Fesselsystemen ist es mit dem Seil viel leichter möglich, intensive emotionale Zustände zu induzieren.
- Schlichtheit und Reduzierung: Für eine gute Shibari- oder Bondagesession braucht man im Vergleich zu z.B. bestimmten Sportarten kaum Material oder Utensilien. Die Seile sind unser Hauptarbeitswerkzeug - mehr ist nicht notwendig.
- Traditionelle Verwendung: In Japan haben bereits die Samurai im 16. Jahrhundert ihre Gegner nachweislich mit Seilen gefesselt. Vermutlich ist das Fesseln von Menschen aber noch viel älter.
- Geistesschulung des Fesslers: Das Lernen der unterschiedlichen Abläufe und Muster beim Fesseln entspricht einem vielfältigen und anregenden Gehirntraining - es werden u.a. Gehirnfunktionen wie Vorstellungskraft, Konzentration, Merkfähigkeit, Empathie, Achtsamkeit, Körperkoordination und das räumliche Denken beansprucht. Hinzu kommen später Zustände von Flow (Meditation oder Trance), Verbundenheit mit dem Fesselpartner sowie künstlerisches Empfinden.
- Das Verbindende der Seile: Jemanden zu fesseln schafft Vertrauen – mehr als jedes andere Material gibt es hier auch eine emotionale Verbindung über das Seil.
- uvm...
1.2 Die verschiedenen Seilarten
Es gibt verschiedene Arten von Seilen - nicht alle sind aber für jeden Einsatz gemacht. Im Folgenden gebe ich dir eine kleine Übersicht über die gängigsten Seilarten:
1. Baumwollseile
Beschreibung: Sie sind sehr weich, anschmiegsam und dehnbar. Aufgrund der hellen und gut färbbaren Baumwollfaser sind sie häufig in bunten Farben erhältlich. Die schönen Farben und der günstige Anschaffungspreis machen sie zu einem der am häufigsten verwendeten Bondageseilen.
Fälschlicherweise gehen aber viele davon aus, dass ein weiches Seil auch in der Fesselung angenehm und weich ist. Dies ist bei dehnbaren Seilen, wie bei solchen aus Baumwolle, jedoch nicht der Fall: Sie können sich unter Zugbelastung extrem in die Haut einschneiden und ziehen sich bei Knoten zu, so dass es Probleme beim Lösen der Fesselung geben kann und häufiger ein Schneidewerkzeug gebraucht wird. Es ist also Vorsicht bei reinen Baumwollseilen geboten.
Auch gemischte Fasern von Baumwolle und Kunststoff (zu erkennen an einem synthetischen Glanz) sind oft billig, butterweich und erstmal kuschelig in der Hand- das Problem bleibt aber dasselbe. Ein weiteres Problem sind dann Fesselungen, die einfach nicht "greifen" oder halten können. Aufgrund der Dehnbarkeit der Faser kann unser Model sich immer irgendwie befreien, was maximal frustrierend sein kann.
Technisches: Baumwollseile werden aus den Samenkapselfasern der Baumwollpflanze gewonnen. Sie sind sehr kurz, weich und dehnbar. Im Vergleich zu Jute oder Hanf, welche zu den Pflanzenstängelfasern gehören, wird schnell klar, dass man diesem Seil nicht allzu viel zumuten sollte. Ein Baumwollseil von 5mm Durchmesser hält um die 80 daN (das sind 80 Kg) Zugbelastung aus, dies reicht für eine Hängungen nicht aus, auch wenn es erstmal viel erscheinen mag.
Arten:
Es gibt grob gesagt drei Arten von Baumwollseilen:
1) Geflochtene Baumwollseile ohne Seele (Füllung/Kern): dieses sind quasi gewebte "Schläuche", die innen hohl sind. Meist in Durchmessern um die 8 -12mm. Diese Seile sind unglaublich flauschig, haben aber eine geringe Bruchlast und schnüren sich noch viel mehr ein als andere Baumwollseilarten.
2) Geflochtene Baumwollseile mit Seele (im Bild rechts): diese sind durchgehend gewebt und fühlen sich beim Zusammendrücken etwas härter an. Sie haben somit eine höhere Bruchlast und können sich weniger einschnüren. Meistens in Durchmessern um die 5-8mm im Verkauf.
3) Gedrehte/Geschlagene Baumwollseile (im Bild links): Diese sind wie Jute- oder Hanfseile gedreht aus mindestens drei verschiedenen Schäften. Sie haben eine hohe Stabilität und fesseln sich bei Weitem besser als geflochtene/gewebte Seile. Leider sind diese nur schwer erhältlich.
Idealster Einsatz: Für reine Deko-Fesselungen und sehr leichte Fixierungen. (Auf gar keinen Fall Zugbelastung oder Hängungen damit durchführen!). Sie eignen sich ebenso für das Tragen unter der Kleidung, als gefesselte/gewebte Kleidung für Partys oder - für die ganz Extremen unter euch - zum Schlafen in Fesselungen (um Druckstellen zu vermeiden).
Kann verwechselt werden mit: Seilen aus Kunstfasern oder Baumwolle- Kunstfaser-Gemischen. Dies kann man aber leicht herausfinden: Baumwollseile glänzen nicht. Glänzt das Seil, sind Kunstfasern mit eingewebt. Im Idealfall könnte dies die Bruchlast des Seils erhöhen. Wissen tun wir das aber nicht. Ansonsten kann mit einem Feuerzeug der Test gemacht werden: schmilzt das Seil, ist Plastikfaser enthalten. Dieses Seil ist dann etwas rutschiger und kann etwas leichter Hautverbrennungen hervorrufen. Im Großen und Ganzen gibt es aber keinen Unterschied zwischen Baumwollseilen und Seilen aus Baumwoll- Kunstfasergemischen. Mit beiden sollte man keine starke Zugbelastund oder Hängungen durchführen.
2. Hanfseile
Beschreibung: mittelhart bis weich, wenig bis gar nicht dehnbar. Da Hanfseile von Natur aus blass-gräulich und matt sind, werden sie meist in gefärbter Form verkauft. Hanfseile sollten nicht geölt oder gewachst werden, da sie davon - im Gegensatz zu Jute - nur schleimig werden. Hanfseile werden für Bondage mittlerweile immer weniger genutzt - das hat was mit den steigenden Preisen zu tun und der geringen Nachfrage. Jedoch sind Hanfseile gerade für Anfänger:innern am Seil gute und verlässliche Arbeitswerkzeuge. Sie fusseln wenig, sind robust, leben lange und verzeihen so einiges an Fesselfehlern. Sie sind angenehm weich auf der Haut und geben ein angenehmes Tragegefühl.
Technisches: Belastbar bis 250 daN (Kg) pro Strang bei 5 mm Durchmesser.
Idealster Einsatz: Hanfseile können für alles verwendet werden. Von der Dekofesselung bis zur Hängung. Hier kann man nichts falsch machen.
Kann verwechselt werden mit: Kunsthanf. Kunsthanfseile sind typische Baumarktseile. Sie bestehen aus Flachs, Hanf- und Kunstfasergemischen und zeichnen sich durch eine hohe Bruchlast aus. Jedoch sind Kunsthanfseile alles andere als angenehm auf der Haut und können schwere Verbrennungen hervorrufen. Bitte nicht mit Kunsthanf fesseln. Zum Testen eignet sich wieder das Feuerzeug: schmilzt das Seil, hat es Plastikanteile.
Achtung auch vor Hanfseilen schlechter Qualität: Wenn das Seil nach nasser Kuhwiese riecht, ist das zwar keine qualitätmindernde Eigenschaft - jedoch macht man sich damit auch keine Freunde. Beiim Kauf unbedingt auf den Geruch achten! Weiter sollte ein qualitativ hochwertiges Hanfseil ein ebenmäßiges, einheitliches Erscheinungsbild haben. Das Seil sollte keine vorstehenden Hügel oder zu viele Spelzen (abstehende harte Fasern) aufweisen.
Alles zu Hanfseilen findest du in diesem PDF:
PDF Seilhaltung & Pflege: Hanf
3. Juteseile
Beschreibung: Juteseile sind relativ hart bis mittelweich (je nach Abnutzung), nicht dehnbar, golden in der Farbe und mit einem natürlichen Glanz versehen.
Technisches: Juteseile von 5mm Durchmesser sind EU-genormt und müssen 190 daN (Kg) Bruchlast pro Strang haben. Sie fusseln anfangs sehr stark und werden von vielen Fessler:innen daher vorher bearbeitet. Juteseile haben ab und an etwas Pflege gern; dazu gehört ggf. das Abflämmen und vor allem das einmassieren von Seilpflegeölen. Dieses gibt den Seilen Glanz und eine gute Gleitfähigkeit,. Zudem erhöht es das Tempo beim Fesseln, schützt vor Alterung, Verschleiß und rauen Fingern.
Bei sehr empfindlichen Menschen kann Jute allergische Reaktionen auf der Haut auslösen. Dies ist jedoch mehr als selten und ich selbst habe dies nur einmal in all den Jahren erlebt. Die allergische Reaktion kann sich bei neuer, uneingefesselter Jute als Hautreizung bei sensitiver Haut zeigen. Noch viel seltener soll eine Hautreaktion auf das beim Spinnen der Fasern verwendete Mineralöl (JBO) sein, welches durch den Weiterbearbeitungsvorgang nur zum Großteil, aber nie zu 100% herausgelöst werden kann.
Idealster Einsatz: Sehr gut für alle Fesselungen, Hängungen und Zugbelastungen geeignet, insbesondere für japanische Formen, Fotoshootings mit hohem technischen Anspruch und schnelle Techniken.
Mehr Informationen zu Juteseilen findest du hier:
PDF Seilhaltung & Pflege: Jute
4. Andere Materialien
Natürlich gibt es auch noch mehr Materialien, welche sich für bestimmte Fesselformen eignen. Die wichtigsten möchte ich hier kurz vorstellen:
Von links nach rechtes: Bild 1= oben Kokos, unten Sisal. Bild 2= Oben Polypropylen, mitte Poly-Baumwoll-Gemisch, unten Baumwolle. Bild 3= elastische Seile
- Seilgemische, z.B. Juteseil mit Dyneema-kern
- Weitere Naturfaserseile, z.B. Leinenseile, Manilahanf, etc.
- Kunstfaserseile, z.B. Nylon-, Dyneema, Polypropylenseile, Nachtleuchtende Seile etc.: Diese können super weich und glänzend sein. Sind jedoch nur bedingt für den Einsatz am Körper oder für Hängungen geeignet. Sie weisen teils Bruchlasten bis in den Tonnenbereich hinein auf, können auf der Haut jedoch starke Verbrennungen hervorrufen oder zu glatte Oberflächen für die gängigen Techniken haben (rutschende Knoten). Besonders im Western Style (Military-, American Bondage) werden Plastikseile sehr geschätzt.
- Raue Fasern für Sensationplay (Spiele mit Empfindungen auf der Haut) und Semenawa (jap. Foltertechniken), z.B. Kokosfaser, Reisseil, Sisalseil : Diese eignen sich nur für Bodenformen und sind nicht für jeden Geschmack geeignet.
- Andere Seile, wie z.B. Wäscheleinen, Drahtseile, Gummiseile, Kletterseile, Segelseile...Diese sind nur sehr bedingt überhaupt für Fesselungen geeignet.
1.3 Aber wieviele Seile brauchst du jetzt für den Anfang?
- Wenn du dir noch nicht sicher bist: Rate ich dir 4x8m Jute- oder Hanfseile in 5-6mm Durchmesser zu besorgen. Damit kannst du schon kleinere Fesselungen ausprobieren (z.B. 2 Seile für den Oberkörper, 1 Seile für je ein Bein). Wenn dein:e Fesselpartner:in sehr groß oder breit ist, dann rechne für den Oberkörper noch ein zusätzliches Seil ein.
- Wenn du gerne fesseln lernen möchtest: Dann empfehle ich dir mindestens 6-8 Seile á 8m in Jute- oder Hanf (5-6mm) zu erwerben. Zusätzlich sind 2 kurze 4m Stücke sehr hilfreich, wenn du z.B. kurze Distanzen überwinden möchtest oder dir nur 20cm zum beenden einer Fesselung fehlen.
- Wenn du schon Erfahrung hast und genau weißt, was du willst: Dann empfehle ich dir ein Juteset von mind. 10-12 x 8m, 2x4m und 1x 1m , alles in 5mm - 5,5mm Durchmesser (das ganz kurze Stück ergibt sich meist aus den kaputten Seilen des vorgänger Sets) - das reicht dann auch für die verschiedensten Hängungen. Im Profisport wird fast ausschließlich nur mit Jute gefesselt. Du brauchst auch mind. alle 2-3 Jahre ein komplett neues Seilset - die alten werden dann einfach verschlissen sein, wenn du viel fesselst.
1.4 Pensionsreife Seile erkennen
Selbst das beste Seil hält nicht ewig. Naturmaterialien sind sehr anfällig und somit müssen wir als Fessler:in stets den Zustand unserer Seile im Blick haben. Grundregel 1: Lieber einmal öfter wegschmeißen. Grundregel 2: Das Hauptgewicht unseres Models bei Hängungen sollte nur an einwandfreien Seilen hängen.
Woran man pensionsreife Seile erkennt:
Dieses Hanfseil hat 5 Jahre auf dem Buckel. Es wurde wöchentlich mindestens 3-10 Mal für alle möglichen Arten von Fesselungen und Hängungen benutzt sowie zwei- dreimal jährlich gereinigt. Das Seil sieht noch immer einwandfrei aus, aber die Farbe verblasst langsam. Dieses Seil kann man problemlos noch ein paar weitere Jährchen benutzen.
Anders sieht es aber bei unserem Juteseil (unten) aus: Bei diesem Seil lösen sich die Litzen (Schäfte) voneinander und einzelne Fasersträhnen stehen hervor. Das Seil hat kaum noch Eigenspannung. Hiermit sollte niemand mehr fesseln. Die beschädigte Stelle kann großzügig herausgeschnitten und die Enden anderweitigen Verwendungen zugeordnet werden. Juteseile haben bei gleicher Verwendung eine etwas kürzere Lebenszeit als Hanfseile. Das liegt an der Struktur und Beschaffenheit der Fasern.
- Das Seil ist an einer oder mehreren Stellen viel dünner (Abrieb) oder hat Risse
- Die Fasern kommen strähnendick aus den Windungen des Seils hervor
- Der Seilschlag (die Windung der einzelnen Litzen miteinander) löst sich auf
- Einzelne Litzen lösen sich vom Seil.
- Das Seil ist stark uneben und lässt sich nicht wieder begradigen
Was tun mit ausrangierten und kaputten Seilen? Ein paar Vorschläge:
- Am häufigsten ist die Mitte der Seile beschädigt. Diese kann herausgeschnitten und das ehemals 8 Meter Seil wird zu zwei kurzen 3,5 Meter Seilen gemacht.
- Die einzelnen Seillitzen (Schäfte) können voneinander getrennt werden und als 2 mm dicke Seile für Haarbondage, Fingerfesselung oder Details genommen werden.
- Seile, welche erste Alterserscheinungen aufweisen können farblich markiert werden (Zwirn, Farbe, etc.) und können dann nur noch für Bodenformen oder Deko-Bondage verwendet werden
- Zum Geschenke kreativ einpacken, Matratzen transportieren oder als Haken um sperrige Kartons von der Post abzuholen.
- Ab und an braucht man auch Seile für besonders Flüssigkeitsintensive Spiele. Hier eignen sich alte Hanf- und Juteseile - werden diese aus Versehen oder mit voller Absicht nass, so ziehen sie sich zusammen und machen es dem Träger recht unbequem. Dieser Effekt ist von einigen ganz besonders gemeinen Zeitgenossen höchst erwünscht ;-). [Bei dem Spiel mit sog. Wasser-seilen wird die fertige Fesselung mit Wasser besprüht oder die ganze Person in die Dusche gestellt. Die Seile sind danach sehr starr, nur noch super schwer aufzufesseln und noch viel schwerer aufzuschneiden. Diese Spiele bitte nur mit geübten Fesslern machen. Naturfaserseile müssen danach mind. 5 Tage unter Zug trocknen und sollten niemals mehr für Hängungen oder starke Belastungen eingesetzt werden.]
1.5 Seilpflege
Wenn du mit Juteseilen fesselst und Wert auf schöne, glänzende Seile legst, gehört die Seilpflege unbedingt dazu. Tageslicht, starke Beanspruchung, Schweiß oder der eher saure pH-Wert unserer Haut hinterlassen ihre Spuren; das Seil wird spröde und kraftlos. Die fasereigenen Öle der Jutepflanze verschwinden mit der Zeit. Daher gibt es Seilpflege: ein Öl, ein Wachs oder am besten eine Mischung aus beiden. Die Seilpflege erfüllt im besten Fall folgende Funktionen:
- erhöht die Gleitfähigkeit des Seils durch die Hände (schnelleres Fesseln)
- die Seile fusseln weniger
- die Seile glänzen viel mehr
- die Hände des:der Fesslers:in werden vor dem Austrocknen geschützt
- die Seile fühlen sich besser auf der Haut des Models an
- das Seil selbst hält bei guter Pflege mit Öl oder/und Wachs sehr viel länger
Bitte mach nicht den Fehler und gib billige Öle, wie z.B. Sonnenblumen- oder Olivenöl in deine Seile. Diese sind rottende (oxidierende) Öle und deine Seile werden nach kurzer Zeit stark zu stinken anfangen. Dann musst du sie wegschmeißen.
Ander Öle, wie z.B. Babyöl sind parfümiert und können bei einigen Menschen alles andere als erotische Gefühle aufkommen lassen. Bitte vermeide auch Mineralöl aus dem Baumarkt/von der Tankstelle oder Waffenöle. Niemand möchte gerne schmieriges Waffenöl im Mund oder auf der Haut haben.
Was kannst du also als Seilpflegeöl benutzen?
Variane Nr. 1: Du kannst reines Jojobaöl in die Juteseile einmassieren. Auf dem Bild hier siehst du den Unterschied zwischen einem gut geölten (oben) und einem ungeölten Seil (unten). Die Pflege der Juteseile ist etwas Zeitaufwendig und wird von professionellen Fesslern:innen gerne alle paar Fesselsessions wiederholt, insofern die Seile stark beansprucht wurden (z.B. viele Hängungen oder Schweiß). Du kannst die Seile einfach so oft ölen, wie du möchtest - du wirst den Unterschied sehen und spüren. Es gibt allerdings auch sehr bekannte Fessler:innen, die ihre Seile überhaupt gar nicht pflegen und so seit Jahrzehnten arbeiten. Probier es aus!
Variante Nr. 2: Besorg dir Mineralöl in kosmetischer Reinheit und massiere das in die Seile ein. Wichtig ist der Zusatz "Kosmetische Reinheit". Dieses Öl ist sehr billig, ranzt nicht und ist im Gegensatz zu Jojobaöl auch nie gestreckt/verunreinigt.
Variante Nr. 3: Besorg dir professionelle Seilpflege bei deinem Seillieferanten.
Information für Veganer:innen: Seilpflege aus Japan ist übrigens gerne mal mit Pferdefett und viele Hersteller in Deutschland benutzen Bienenwachs.
*Auf dem Bild siehst du die Seilpflege von Berlin Ropes. Diese verkaufe ich aktuell nicht mehr. Das Geheimrezept der beliebten Seilpflege inkl. aller Spezialtipps für geile Seile bekommst du bei Meiner Online Lernplattform.
2. Notöffner
Neben den Seilen - und am besten noch vor den ersten Fesselversuchen - solltest du dir unbedingt einen sog. Notöffner oder auch Notmesser besorgen. Dies ist ein Schneidewerkzeug, mit welchem du im Notfall die gefesselte Person schnell befreien kannst.
Ich empfehle die Anschaffung eines Segelmessers (Amazon-Link: Hier im Bild das Segelmesser von Gill, ca. 20€) oder einer echten EMT- Schere (EMT steht für Emergency Medical Technician, siehe Bild), wie sie auch im Krankenwagen zum Aufschneiden von Kleidung nach Unfällen genutzt werden (ca. 60€). Bitte verwechsle diese Schere nicht mit den herkömmlichen Verbandskastenscheren, welche ausschließlich weiche Materialien wie Verbände schneiden können und ebenso unter der Bezeichnung "EMT-Schere" gehandelt werden. Verbandskastenscheren sind viel kleiner als die echten EMT-Scheren, billiger (5-15€, kein Bild vorhanden) und ausschließlich für die Verwendung bei Fesselungen mit weichen Materialien, wie z.B. Baumwollseilen geeignet.
Das Segelmesser (oben rechts im Bild mit rotem Griff) hat eine gebogene Klinge, mit der problemlos unter die Seillagen gegangen werden kann. Die scharfen Zähen sägen jedes Seil innerhalb von Sekunden durch. Dieses Werkzeug wurde von mir mehrfach erprobt (zum Glück brauchte ich es noch nie im "echten" Einsatz). Die etwas teurere Variante zu den Segelmessern sind sog. Bear claws (ab 50€, nicht im Bild).
Unterschätze bitte nicht, wie hart Jute und Hanffasern sind und wie viele einzelne Seilstränge du im Notfall auf einmal damit durchschneiden musst.
Papierscheren und die billigen, oftmals auch unter dem Namen "EMT- oder Bondage-Scheren" verkauften Notöffner eignen sich nur für weiche Baumwollseile und sind für Jute und Hanf zu schwach. Sie haben eine instabile Verbindung der Schneideblätter und versagen im Notfall.
Gurtöffner aus dem Auto haben eine zu kleine Klinge. Küchenmesser würden die Haut verletzen. Zudem möchte keiner beim Fesseln auf eine scharfe Messerklinge gucken.
Also sei bitte vernünftig und experimentiere nicht mit Notöffnern rum. Sie gehörten immer zum Fesseln dazu und müssen im Notfall einfach nur 100% funktionieren ohne dabei noch größeren Schaden anzurichten.
3. Weiteres
3.1 Bambus
Wenn du schon ein bisschen Erfahrung mit dem Fesseln gesammelt hast, möchtest du vielleicht auch die ersten Hängungen ausprobieren. Hierzu kannst du entweder einen Metallring verwenden (Oldschool und weniger sicher als Bambus, manchmal aber die einzige Möglichkeit wenn nur ein Deckenhängepunkt vorhanden ist) oder - besser noch - eine Bambusstange aufhängen. Bambus ist ein super robustes Material, welches optisch sehr schön zu den Seilen passt. Für einen Hängebambus eignen sich Bambusstangen von mind. 1,20m- 1,80m Länge und 6-10cm Durchmesser. Zu dick sollte der Bambus zum Hängen auch nicht sein, da sonst der Abstand der Seile, die über ihn verlaufen, zu weit werden könnte und es Probleme mit rutschenden halben Schlägen bei den Hängeseilen geben wird. Du solltest aber unbedingt darauf achten, dass dein Hängebambus keine Risse oder scharfen Kanten hat.
Zudem empfiehlt sich die Anschaffung von einigen kürzeren Bambusstangen (1m- 1,50m). Diese eignen sich entweder zur Dekoration (z.B. für horizontale Armfesselungen) oder aber für die Techniken des Semenawa (jap. Zeme = Folter, Nawa= Seil), bei denen durch Bambus bedingte Schmerzen zu Endorphin-Ausschüttungen und somit Glücks- und Trancezuständen führen können (z.B. bei durch Bambus erzeugten Druck).
Noch kürzere Stücke (ca. 15cm) eignen sich gut als Knebel, für die, die das wünschen.
Bambusstangen sollten immer so gelagert werden, dasss sie keiner Zugluft ausgesetzt sind. Am besten horizontal und weit weg von der Heizung, da sie mit einem lauten Knall plötzlich reißen können. Die Seile, an denen der Bambus mit den Hängepunkten an der Decke o.ä. aufgehangen ist, müssen regelmäßig auf Abrieb untersucht werden. Hier empfehle ich klar die Verwendugn von entweder dickeren Seilen (6-8mm Durchmesser).
3.2 Karabiner & Bandschlingen
Ist der Hängebambus einmal installiert, ist man ziemlich auf eine einzige Arbeitshöhe beschränkt. Will man dann aber Hängungen kurz über dem Boden durchführen oder reicht einmal das Seil nicht mehr ganz bis hin, kann einfach ein Karabiner zusammen mit einer Bandschlinge an den Bambus gehangen werden. Durch den Karabiner können dann die Seile geführt oder der Hängering aus Metall eingehangen werden. Diese Technik geht schnell und ist sehr zu empfehlen, wenn man zwei Arbeitshöhen oder eben zwei verschiedene Hängesysteme zur Wahl haben möchte.
Auf dem Bild siehst du einen großen Metallring für Hängungen (ca. 60-80€, Edelstahl, ca. 20-30cm Durchmesser, im Fachgeschäft zu beziehen) und einen etwas kleineren Ring für den Transport (ist leichter). Der ganz kleine Metallring ist ein sog. Zwischenring, um die verschiedenen Hängeseile voneinander abzutrennen oder das Gewicht besser zu verteilen (eigentlich komplett überflüssig, sieht aber cool aus). Das schwarze Gebilde aus zwei Dreiecken ist ein sog. Drehwirbel, an dem der Hängering mit einem Karabiner verbunden wird. Damit kann man der hängenden Person einen ordentlichen Drehwurm verpassen (nur für Performances und Bühnenshows, für den Hausgebrauch absolut nicht zu empfehlen). Im Bild sind außerdem noch ganz links zwei Bandschlingen, mit denen der Ring auf die richtige Höhe gebracht werden kann. Für Metall-Hängesysteme solltest du mindestens 4-6 Kletterkarabiner zur Hand haben (zwischen 10-25€/Stück aus dem Kletterbedarf). Bitte prüfe vorher, dass die Karabiner auch einwandfrei in den Ring eingehakt werden können und nicht zu klein sind.
Alle Materialien sollten mind. 1 Tonne Traglast haben, die Karabiner CE-geprüft und der Ring mit einer sauberen Schweißnaht versehen sein. Hier sollte nicht gespart werden.
3.3 Das Buch
Wenn du es mit dem Fesseln lernen wirklich so richtig ernst meinst und einfach alles darüber wissen möchtest, dann empfehle ich dir, auch ein paar Notizen festzuhalten. Unser Gehirn trickst uns nämlich gerne aus und dass, was wir gestern noch sicher beherrschten, liegt morgen schon im Nebel. Gute Techniken von professionellen Fesslern:innen zu erlernen ist nicht billig und es wäre Schade, wenn du alles nach einem halben Jahr wieder vergessen hast. Darum schreib auf, was du gelernt hast! Mach dir Notizen, Skizzen, druck Fotos aus, mal Ideen auf, notiere dir Fragen, Abläufe oder japanische Fachbegriffe....was auch immer.
Gerade für den Anfang ist es gut, wenn du dein Buch aufschlagen kannst und dir sofort fünf Ideen entgegen springen, die du wahrscheinlich schon längst vergessen hattest, aber dank deiner Aufzeichnungen direkt wieder umsetzen kannst. Das hilft dann auch bei Aufregung vor einer anstehenden Fesselsession weiter.