Risiken & Sicherheit

Dies ist eines der wichtigsten Themen, wenn es ums Fesseln geht.

1. Allgemeines

Jede Fesselung oder Fixierung einer Person kann bei Unkenntnis, Unachtsamkeit und Überschätzung der eigenen Fähigkeiten zu schweren physischen und psychischen Schäden führen. Zudem können bereits bestehende Erkrankungen und Einschränkungen des passiven Partners, mangelnde Kommunikation, ungeeignetes Material und eine falsche Fesseltechnik erhebliche Verletzungen und unschöne Situationen verursachen.

2. Was für verantwortungsvolle Menschen selbstverständlich ist...

  • Schwangere, Minderjährige, psychisch schwerkranke Menschen, Epileptiker, Menschen unter dem Einfluss von Drogen-, Alkohol, starkem Stress, (Nerven-) Verletzungen oder Schmerzen dürfen nicht gefesselt werden. Genauso verhält es sich mit Menschen, die nicht gefesselt werden wollen.
  • Die gefesselte Person darf nicht alleine gelassen werden.
  • Ein geeigneter Notöffner muss immer dabei sein. Nicht geeignet sind: Alle Arten von Messern, normale Scheren, Gurtöffner oder Verbandkastenscheren. Ich empfehle das Segelmesser von Gill Harness, welches geschützte Zähne hat.
  • Eine gefesselte Person hat oft keine Möglichkeit, sich bei einem Sturz abzufangen (gestolpert, Kreislaufschwierigkeiten, Gleichgewicht verloren, etc…). Daher sollte eine gefesselte Person niemals ohne Sicherungsseil stehen.
  • Nicht jeder Körper ist für jede Fesselung geeignet. Manche Fesselungen sind bei bestimmten Körpertypen oder Einschränkungen überhaupt nicht machbar.
  • Ohne vernünftiges Training können Hängebondages zu bleibenden psychischen und körperlichen Schäden führen. Nicht alles, was das Auge als „sicher“ oder „exakt-genau-wie-auf-dem-Bild“ ansieht, ist es in Wirklichkeit auch.
  • Wir fesseln nur mit geeigneten Materialien. An Baumwollseilen darf nicht gehangen werden. Befestigungspunkte müssen für Hängebondage eine Mindesttraglast pro Haken von 500 Kg aushalten.

3. Bestandsaufnahme

Als Fessler:in müssen wir uns ein genaues Bild von der körperlichen Verfassung unseres Models machen. Hierzu gehören:

  • Erkrankungen des Gefäßsystems (z.B. Diabetes, Krampfadern, niedriger Blutdruck…) = Keine engen Fesselungen bei Krampfadern (Gefahr des Gefäßverschluss u.a.). Keine schnellen Veränderungen der Körperpositionen bei niedrigem Blutdruck. Bei Diabetes sollte zuvor ein Arzt kontaktiert werden. Hier ist Bondage nicht unbedingt eine gute Idee, da u.a. das Nervensystem sehr anfällig sein kann.
  • Erkrankungen des Atemapparates (z.B. Asthma) = Hier muss darauf geachtet werden, dass der Brustkorb oder der Hals nicht eingeschnürt werden. Asthmaspray sollte immer griffbereit liegen.
  • Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates (z.B. Muskeln, Sehnen, Bänder, Gelenke, Knochen) = Hier sollte die Beweglichkeit vor der Fesselung geprüft werden, bis der:die Fessler:in die entsprechende Einschränkung genau verstanden hat und entsprechend vorausplanend damit umgehen kann.
  • Aktuelle Verletzungen (z.B. an der Haut) = Aufpassen beim Fesseln
  • Vorliegen psychischer Traumata im Kontext der Wehr- und Hilfslosigkeit/ Ängste = Wenn ja, dann ist große Vorsicht geboten. Fesselungen sollten vorab besprochen und ein Safeword vereinbart werden. Zudem sollten anstrengende, zu lange dauernde oder zu komplexe Fesselungen am Anfang vermieden werden, bis das notwendige Vertrauen aufgebaut ist. Ein Trick ist hierbei das gänzliche Freilassen der Arme/Hände oder Fesselungen der Arme vor dem Körper.
  • Einnahme von Schmerzmitteln vor der Session, Drogen oder Alkohol = Diese können die Wahrnehmung des eigenen Körpers stark verzerren. Bei starken Schmerzen (z.B. Migräne, Rückenschmerzen etc.) ist von Bondage abzuraten, auch wenn Schmerzmittel genommen wurden. Der Körper ist hier bereits vorab gestresst. Gleiches gilt bei Alkohol und Drogen.

4. Regeln für das Fesseln am Körper

1. Hals: Das Seil darf niemals von hinten kommend, vorne um den Hals herum gelegt werden. Dies schnürt nicht nur die Atmung ab, sondern kann zu sofortiger Bewusstlosigkeit führen (Carotis-Sinus-Reflex). Andersherum, also von vorne kommend, kann das Seil problemlos über den Nacken (wie ein Neckholder-BH) geführt werden, insofern die dicken Halsadern links und rechts von direktem Seildruck frei bleiben. Am Hals entlang sollte immer ein Abstand ähnlich einem T-Shirt-Kragen eingehalten werden, so dass Adern und Atmung nicht abgedrückt werden können.

2. Handgelenke: An den Handgelenken sollte das Seil mit einem Abstand von mindestens 3 Fingern locker und gleichmäßig gefesselt werden. Der Puls ist dann durch den Abstand frei. Der Seilzug geht dann außen auf die Handkanten.

3. Gelenke: An Gelenken sollten verdickte Stellen, wie sie etwa durch das Ansetzen eines Seils, eines Knotens oder mehrerer übereinanderliegender Seile entsehen können, vermieden werden. Hier verlaufen wichtige Nerven. Es ist kein schützendes Fett oder Muskel vorhanden, wesswegen auch von engen Fesselungen oder gar Zug an diesen Stellen abgesehen werden sollte.

4. Arme & Beine: Gliedmaßen sollten niemals 360° eng mit Seil umwickelt werden. Dies würde zu einem Blutstau und einschlafenden Händen und Füßen führen. Es ist darauf zu achten, dass das Seil stets an mindestens einer Stelle vom Körper weggezogen wird, um besagten Blutstau zu vermeiden.

5. Haut: Wird das Seil zu schnell auf der Haut entlang gezogen, können schwere Verbrennungen und Hautabschürfungen entstehen. Hier immer auf eine gleichmäßige und konzentrierte Seilführung achten, das Seil bevorzugt an Stellen mit Abstand zur Haut hindurchziehen oder mit der anderen Hand die Stelle vom Körper abheben, so dass das laufende Seil keinen Hautkontakt hat.

6. Muskel & Fett: Körperstellen, die weich sind, können gerne auch verhältnismäßig eng gefesselt werden, da hier genug schützendes Fett und Muskel vorliegt, z.B. Oberschenkel, Taille, Oberarme, Po. Gleiches gilt für alle Knochen, die keine Gelenke sind z.B. Hüfte, Schienbein, Schulter.

7. Nerven: Die Nerven durchziehen den ganzen Körper und sind von außen nur schwer in ihrer genauen Lage auszumachen. Drückt ein Seil zu stark auf einen Nerv, kann es zu einer Nervenverletzung kommen (an der Hand wäre dies z.B. die sog. „Fall-Hand“), welche sich durch Taubheit, Kribbeln und Sensitivitätsstörungen bis hin zum Funktionsverlust zeigen kann. Je nach Schwere der Verletzung hält diese wenige Minuten bis ganze Wochen und ist somit mit unsere größte Gefahr. Aus diesem Grund müssen wir bestimmte Körperstellen für Zugbelastungen vermeiden und sehr sorgsam fesseln. Diese sind u.a. und insbesondere Hals, Ellenbogen, Handgelenke, Finger, Armbeuge, Knie und Knöchel. An diesen Körperstellen nur sehr ordentlich, ohne zu große Spannung und mit ausreichend Abstand (z.B. Dreifinger-Regel am Handgelenk, Gließmaßen nicht abschnüren, etc.) fesseln.

8. Seilspannung: Zu enge Seile können unangenehm sein und an bestimmten Stellen auch sehr gefährlich. Zu lockere Seile sind ebenso zu vermeiden, da es hier neben Hautabschürfungen auch zu einem unschönen rutschenden Gefühl für die gefesselte Person kommen kann. Grundsätzlich sollten alle Seile gleichmäßig in derselben Spannung gefesselt sein, damit sich nicht nur ein einziges einschneiden kann.

9. Druckstellen: Mehrere übereinanderliegende Seile sind zu vermeiden, da diese unschöne Gebilde und vor allem Druckstellen bilden. Anstatt das Seil mit jeder neuen Lage weiter in die Höhe zu stapeln (so dass es z.B. auf den darunter liegenden Knochen drückt), versuchen wir die ganze Fläche (z.B. des Rückens) in der Weite auszunutzen. So bleibt die Fesselung angenehm und frei von Druckstellen.

10. Seilführung: Die Seilenden dürfen niemals in das Gesicht oder gar die Augen der zu fesselnden Person kommen. Der Fessler muss das Seil – bin in die letzten Zentimeter- unter Kontrolle haben. Das Seil sollte gleichmäßig und in langen Bewegungen durchgezogen werden. Der Fessler sollte verdrehte Seillagen später auch korrigieren, in dem er mit dem Finger unter die Seile geht und diese beim Nachziehen leicht abhebt. Bitte nicht die Haut dabei einklemmen.

11. Nervös machen: Der:die Fessler:in sollte niemals vor seinem:ihrem Model herumfuchteln, fluchen, um das Model im Kreis herumrennen oder unnötige nervöse Armbewegungen machen. Es empfiehlt sich eine Position seitlich oder hinter dem Model einzunehmen und ruhig und entspannt zu fesseln. Die Arme bewegen sich in umarmenden Gesten und bleiben unter dem Level der Augen des Models. Bewegungen über den Kopf des Models hinweg sind zu vermeiden.

12. Wohlfühlen: Fesseln macht nicht nur Spaß, es ist auch anstrengend. Der:die Fessler:in sollte daher immer irgendwas aus Zucker (Süßigkeiten, Traubenzucker, Apfelstücke, etc.) für sein:ihr Model parat haben, um Kreislaufschwierigkeiten durch Unterzuckerung zu vermeiden (sehr häufig!). Gleichezeitig muss das Nervensystem, welches beim Fesseln sehr stark beansprucht wird, mit dem Trinken von ausreichend Wasser unterstützt werden.

  

5. Womit wir rechnen müssen

Das Fesseln mit Seilen gehört zu den extremeren „Sportarten“ und geht daher oft einher mit kleineren Blessuren, die je nach Grad der Fesselung mal kaum sichtbar bis hin zu wochenlangen Andenken auf der Haut reichen können. Dies ist allerdings stark von der jeweiligen Person, bzw. deren Hautbeschaffenheit, körperlichen Eigenarten, dem:der Fessler:in und der Fesselung abhängig. Zu den „normalen“ körperlichen Spuren nach einer Fesselsession gehören:

  • Seilabdrücke (Ropemarks)
  • gerötete Haut durch Reibung (seltener durch eine Allergie auf bestimmte Seile) oder leichte Hautabschürfungen bei schlechter Seilführung
  • leichte Hämatome (Blutergüsse) oder blaue Flecken bei Hängungen oder Zug.

Zu den weniger schönen, aber durchaus vorkommenden Erscheinungen (hauptsächlich bei Hängungen oder Fesselungen mit starkem Zug) gehören:

  • eingeschlafene Gliedmaßen, insbesondere Hände, Arme und Füße
  • eingeklemmte Haut oder Seilverbrennungen durch die Reibung der Seile und zu schnelles Durchziehen
  • Druckstellen, oft auch durch Kleidung bedingt (z.B. BH-Bügel) oder starke Hämatome (recht selten. Eigentlich nur bei Hängungen)
  • Leichte Panikattacken bei bestimmten Personen, die dazu neigen
  • Kreislaufprobleme (bei heißem Wetter, psychischer Vorbelastung, Stress...)
  • Blutstau, verfärbte Gliedmaßen (bei schlechten Fesselungen)
  • Nervenverletzungen (anhaltendes Taubheitsgefühl auf der Haut, Fallhand, Fallfuß)
  • Schmerzen

Einschlafende Gliedmaßen: In einer Fesselung können Gliedmaßen einschlafen. Das kann entweder durch eine ungewohnte Körperhaltung passieren, z.B. wenn die Arme über dem Kopf gefesselt sind. Das Einschlafen der Hände muss nicht zwangsläufig immer an den Seilen und deren Druck liegen, sonder kann auch einfach durch die Körperhaltung bedingt sein: Durch die ungewohnte Position (z.B. Arme nach oben gestreckt) verklemmen sich Nerven (z.B. in der Schulter) und so kann ein Kribbeln in den Händen enstehen. Hier kann durch ein Wechsel der Körperhaltung das Problem leicht behoben werden.

Aber auch zu enge Seile an den falschen Stellen können Druck auf Nerven ausüben und damit zu einschlafenden Händen, Füßen, Armen und Beinen führen. Für eine kurze Zeit kann das unter Umständen harmlos sein (so schläft uns ja auch beim Sitzen oder Liegen mal ein Arm oder eine Hand ein). Auf längere Sicht "beschwert" sich aber ein Nerv und in Kombination mit Zug und Druck auf das Nervensystem kann das zu Schäden führen. Daher ist eine gute Bondageausbildung gerade für härtere, komplexere oder anstrengendere Fesselungen unerlässlich.

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